Jahresrückblick 2021: Zwischen Pandemie und Fachkräfteengpass
Oliver Schmale, Leiter der Agentur für Arbeit Meschede-Soest, fasst ein erneut ereignisreiches Jahr zusammen: „Trotz noch nicht beendeter Pandemie hat sich der Arbeitsmarkt gegenüber dem Vorjahr deutlich verbessert. Die Arbeitslosenzahlen sind wieder zurückgegangen, die Stellenmeldungen deutlich angestiegen. Im Jahr 2022 bleibt der Fachkräfteengpass eine große Herausforderung.“
6.225 Arbeitslose meldeten die Arbeitsagenturen im Hochsauerlandkreis für das Jahr 2021 im Jahresdurchschnitt, 624 Männer und Frauen bzw. 9,1 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Im Versicherungsbereich (Sozialgesetzbuch Drittes Buch, SGB III – Arbeitslosengeld I) waren in 2021 durchschnittlich 2.768 Personen arbeitslos gemeldet, 426 Personen bzw. 13,3 Prozent weniger als im Vorjahr. Im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Sozialgesetzbuch Zweites Buch, SGB II – Arbeitslosengeld II) waren mit 3.457 Männern und Frauen 197 Menschen oder 5,4 Prozent weniger gemeldet.
Nachdem die Arbeitslosigkeit in 2018 und 2019 deutlich gesunken ist, stieg sie im Jahr 2020 wieder an. In 2021 konnte sie die Ergebnisse der beiden Rekordjahre wieder knapp erreichen. „Der heimische Arbeitsmarkt in 2021 wurde erneut von dem Pandemiegeschehen geprägt, war aber weiterhin robust und konnte sich schnell erholen. Die Unternehmen haben im Laufe des Jahres wesentlich mehr Stellen gemeldet als noch im Vorjahr. Entsprechend ist auch die Arbeitslosigkeit seit Jahresbeginn stetig rückläufig. Zurückgehende Infektionszahlen, dadurch geringere Gesundheitsschutzmaßnahmen, aber auch die Impfkampagne: Die dadurch in hohem Umfang stattgefundene Normalisierung des Lebens hat zu einer Konjunkturbelebung und einem deutlichen Anstieg bei der Nachfrage nach Arbeitskräften geführt“, fasst der Experte zusammen. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung liegt mit 108.441 (Stand März 2021) knapp über dem Vorjahr (+0,2 Prozent).
Die Arbeitskräftenachfrage: Die Anzahl von gemeldeten Arbeitsstellen hat im Jahresverlauf wieder stark zugenommen (28,9 Prozent mehr als im Vorjahr), so dass der Stellenbestand zum Jahresende bei knapp 3.700 liegt. Für die Stellenbesetzung stehen aber immer weniger qualifizierte Arbeitskräfte zur Verfügung. Der Anteil der Arbeitskräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung wird immer geringer. Anfang 2021 gab es 229 Fachkräfte auf 100 Arbeitsstellen, während zum Ende des Jahres nur noch 101 Personen mit abgeschlossener Ausbildung zur Verfügung standen. Der größte Bedarf liegt aktuell im Gesundheits- und Sozialwesen, dem verarbeitenden Gewerbe und der Zeitarbeit.
Das Instrument Kurzarbeit hat auch im vergangenen Jahr eine große Rolle bei der Entlastung der Wirtschaft gespielt. Insgesamt wurden im HSK im vergangenen Jahr 885 Anzeigen auf Kurzarbeit gestellt, mit 12.569 potentiell betroffenen Personen. „Im Vorjahresvergleich hat sich die Lage in 2021 etwas beruhigt, wenngleich immer noch weitaus mehr Anzeigen bei uns eingegangen sind als vor der Pandemie.“ Im Hochsauerlandkreis waren im Juli 2021 – das sind die aktuellsten vorliegenden Daten – 466 Betriebe mit 2.200 Personen in Kurzarbeit. Zum Vergleich: in den Monaten April und Mai 2020 – also zu Beginn der Pandemie - waren in der Spitze jeweils über 22.000 Personen im HSK in Kurzarbeit. „Die Auswirkungen der Lieferengpässe und das erneute pandemische Geschehen werden für einen Anstieg der Anzeigen sorgen.“
„Die größten Herausforderungen der nächsten Jahre liegen weiterhin bei der Digitalisierung, dem Strukturwandel und dem Fachkräftebedarf. Die Themen sind bekannt, waren aber durch die Pandemie etwas in den Hintergrund gerückt. Der Fachkräftebedarf hat sich bereits in verschiedenen Branchen, zum Beispiel im Gesundheitswesen oder in den Hotels und Gaststätten, bemerkbar gemacht. In den nächsten Monaten wird das Thema wieder zunehmend bedeutender und bleibt sicher eines der wichtigsten Themen der kommenden Jahre. Schon jetzt steht nicht ausreichend qualifiziertes Personal zur Verfügung, das von heimischen Betrieben benötigt wird. Die wichtigsten Instrumente, um diesen Herausforderungen zu begegnen, sind die Stärkung der dualen Ausbildung sowie die Ausbildung und Qualifizierung von Arbeitslosen und Beschäftigten. Mit Beratung und finanziellen Fördermöglichkeiten sind wir in der Lage, diesen Prozess positiv zu unterstützen. Wie sich beispielsweise weitere Lieferengpässe oder politische Entscheidungen als Reaktion auf die Pandemie am Arbeitsmarkt auswirken werden, lässt sich nur schwer prognostizieren. Dennoch bin ich für das neue Jahr und angesichts des robusten Arbeitsmarktes optimistisch. Wichtig wird sein, dass alle Beteiligten kreativ und flexibel bleiben. Auch das Instrument Kurzarbeit wird weiterhin dabei helfen, Beschäftigung zu erhalten und Arbeitslosigkeit zu vermeiden.“